Biodiversitätskonferenz „Mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft - was tun?“, 4.-5. April 2017 in Berlin
Kooperationsveranstaltung mit Workshop und Tagung am 4. und 5. April 2017 in Berlin mit dem ExpertenDialog Biodiversität und Landwirtschaft, dem Deutschen Bauernverband (DBV) und der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS).Zur Intensivierung des Dialogs zwischen Politik und Praxis hat der ExpertenDialog gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband und der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) im April 2017 in Berlin eine Tagung unter dem Motto „Mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft – was tun?“ ausgerichtet unter Teilnahme hochkarätiger Referenten und rund 50 landwirtschaftlicher Unternehmer, die auf ihren Betrieben Biodiversität fördernde Maßnahmen praktisch umsetzen:
Workshop für Landwirte am 04.04.2017 im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft, Berlin
Die Veranstalter hatten gezielt Landwirte eingeladen, die sich auf ihren Betrieben bereits mit der Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität beschäftigen. Insbesondere waren das Betriebe, die sich schon in Betriebsnetzwerken, wie dem FarmNetzwerk Nachhaltigkeit der BASF, dem F.R.A.N.Z.-Projekt der Umweltstiftung Michael Otto und des Deutschen Bauernverbandes oder den Leitbetrieben Biodiversität NRW, engagieren. An 8 World-Café Tischen konnten die Praktiker miteinander diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen.Blühstreifen und Brachen sind die Favoriten
In drei Fragen wurde das Spektrum der betrieblich relevanten biodiversitätsfördernden Maßnahmen in ökologischer, ökonomischer und aus Sicht der Praktikabilität diskutiert: Streifenförmige Elemente wie Blühstreifen bilden dabei aus Sicht der Landwirte die ökologisch besonders wertvollen Maßnahmen. Gleichzeitig seien diese Maßnahmen in Verbindung mit einer Förderung auch ökonomisch gut vertretbar und relativ praktikabel umzusetzen. Man sprach sich aber auch für die Anlage flächiger Brachen, eine Erweiterung der Fruchtfolge zum Beispiel durch den Anbau von Sommergetreide, den Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen aus. "Im Grunde genommen ist fast alles möglich, wenn das bei den Agrarumweltmaßnahmen entsprechend honoriert wird.", fasst einer der Landwirte die Diskussion zusammen.
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Beratungsangebote notwendig
Zusätzlich zu Beratungsangeboten sollte das Thema Biodiversität in die landwirtschaftliche Ausbildung integriert werden, war eine wichtige Anregung. Gleichzeitig sprach man sich für die Bildung regionaler Netzwerke aus und wünscht sich mehr Unterstützung und rechtssichere Antragsstellung von Fördermaßnahmen.
Greening – betrieblich umsetzbar aber bürokratische Schwierigkeiten
Neben den Schwierigkeiten der Regelungen im Detail wurde anerkannt, aber dass man die Wirkungen der Blühstreifen und Flächen in vielen Regionen gesehen hat und die Landwirtschaft damit was für ihr Bild in der Bevölkerung tun konnten. Auch betonten die Betriebsleiter vielfach durchaus auch selbstkritisch, dass das Greening die Landwirte aber auch die anderen Akteure für die Umwelt- und Naturschutzthemen zusätzlich sensibilisiert haben, da innerhalb kurzer Zeit konkrete Maßnahmen geplant und realisiert werden mussten.
Die Betriebsleiter waren mit der Umsetzung der Greeninganforderungen auf ihren Betrieben zufrieden, nicht zuletzt deshalb, weil die Vielfalt der Umsetzungsmöglichkeiten auch fast immer zu betrieblich und regional angepassten Lösungen geführt hat, wie Dr Thomas Gäbert vom brandenburgischen Agrarunternehmen agt Agrar GmbH die Diskussion unter den Kollegen zusammenfasst.
Bürokratie ist das Hindernis schlechthin
Auch wenn die Landwirte zum Beispiel mit der Ausgestaltung des Greenings zufrieden sind, steht dem allerdings der hohe Bürokratieaufwand und die geringe, nicht verhältnismäßige Fehlertoleranz bei den Kontrollen entgegen: „Es ist ein System geschaffen worden bei dem sie, umso mehr gutes sie tun für die Biodiversität, je unerbittlicher in Kontrollmühlen kommen.“ fasst Dr. Schulze-Pals die Diskussion zusammen. „Für jeden Fehler den ich mache, bin ich mit gleich mit 6.000 Euro dabei.“, illustriert ein Praktiker die finanziellen Risiken auch kleinster Fehler.
Tagung am 05.04.2017 im Umweltforum, Berlin
"Es geht nicht ohne die Landwirtschaft, es geht nicht ohne die anderen Akteure des Naturschutzes, es geht aber auch nicht ohne den Bund und die Länder. Nur mit vereinten Kräften können wir die Biodiversitätsziele, die wir uns gesteckt haben, erreichen. Dazu müssen wir die vielfältigen Aktivitäten bündeln und weiterentwickeln", erklärte BLE-Präsident Dr. Hanns-Christoph Eiden bei der Eröffnung der Tagung.Für den Deutschen Bauernverband betonte Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd und Umweltbeauftragter des DBV, die Landwirte leisteten in Deutschland bereits über Agrarumweltmaßnahmen, das Greening im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und den Vertragsnaturschutz einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität. Verschiedene DBV-Biodiversitätsprojekte belegten, dass mehr Förderung der Biodiversität und erfolgreicher Natur- und Artenschutz gelingen können, wenn die Landwirte auf Augenhöhe eingebunden werden, die Maßnahmen in die Betriebsabläufe passen, wirtschaftlich tragfähig sind und Hemmnisse ausgeräumt werden. Das Projekt F.R.A.N.Z. von der Umweltstiftung Michael Otto und dem Deutschen Bauernverband wird dies gemeinsam mit Demonstrationsbetrieben umsetzen. "Ein zu rigides Kontrollsystem der EU und mangelnde Flexibilität sind heute die Haupthindernisse für mehr Natur- und Artenschutz in der Agrarlandschaft. Ebenso dürfe der kooperative Natur- und Artenschutz nicht durch mehr ordnungsrechtlichen Schutz gefährdet werden", erklärte Hartelt die Notwendigkeit des Austausches über die Zukunft der Biodiversitätsförderung.
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Die politische Herausforderung ist erkannt
Jochen Flasbarth, Staatsekretär im BUMB, wies darauf hin, dass Naturschutz als Ganzes nur erfolgreich sein kann, wenn er im Bereich der Landwirtschaft erfolgreich ist. Eine große Zahl der Arten durch ihre Entwicklung in der Kulturlandschaft an die Agrarlandschaft gebunden ist, hier die stärksten Biodiversitätsverluste aufgetreten sind und die Hälfte der Flächen in Deutschland Agrarlandschaften sind. Da zusätzlich im Bereich der Agrarförderung hohe öffentliche Mittel breit stehen, erklärt dies auch die beiderseitige Leidenschaft, mit der um dieses Thema gerungen wird.
Dr. Hermann Onko Aeikens, Staatssekretär im BMEL, betonte, dass die Herausforderung erkannt ist. Gute Einzelbeispiele – wie die Betriebe z.B. des Franz oder FarmNetzes zeigten. Es müssten aber noch mehr Spielraum in den rechtlichen Rahmenbedingungen – auch bei Greening – geschaffen werden, damit Betriebe die Möglichkeiten zur Förderung der Biodiversität stärker wahrnehmen könnten. Mehr Biodiversität heißt also Rechtssetzung in Detail ändern – Streifenbreiten, Aussaattermine und Kontrollanforderungen – auch wenn dieses ein manchmal mühsam ist und viele Akteure mit ins Boot geholt werden müssen.
Dr. Ralf-Peter Weber, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie in Sachsen-Anhalt, beleuchtet die Herausforderungen der umsetzenden Bundesländer bei den zur Verfügung stehenden Instrumenten. So könne auf eine ordnungsrechtliche Sicherung der Hot-Spots der Biodiversität z.B. in Natura 2000-Schutzgebieten nicht verzichtet werden, aber hier sei es auch geboten, immer noch Förderung zu ermöglichen, um weiterhin freiwillige Beiträge der Landnutzer fördern zu können. Weiterhin betont er die wichtige Rolle der artenbezogenen Förderungen wie Bodenbrüter, Feldlerchen oder Hamsterprogramme, weist aber darauf hin, dass genau hier der Spagat zwischen Schutzregelungen, praxistauglichen Auflagen und einer Landesweiten Verwaltungsumsetzung schwer zu finden sei.
Schließlich stellt Florian Schöne, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzringes (DNR), fest, dass erfreulicher Weise das Problem des Biodiversitätsverlustes in der Agrarlandschaft inzwischen auf allen Seiten erkannt und anerkannt werde und es nicht um die Frage geht “Wer ist schuld?“. Vielmehr könne man jetzt diskutieren, wohin die Reise gehen solle und was auf den verschiedenen Ebene getan werden kann. Die Agrarpolitik ist ein Tanker, der nicht von heute auf morgen umgesteuert werden kann, aber gemeinsam sollten wir für die erkannte Richtungskorrektur streiten.
Expertendialog Biodiversität: „Moderne Landwirtschaft und Umweltschutz sind kein Widerspruch“
Als forschendes Pflanzenschutzmittelunternehmen untersucht und fördert BASF seit mehreren Jahren Biodiversitätsmaßnahmen auf 53 landwirtschaftlichen Betrieben des BASF-FarmNetzwerkes Nachhaltigkeit. Die Untersuchungen bestätigen, dass zur Förderung der Biodiversität die Bereitstellung von Lebensräumen eine große Rolle spielt. Gezielte biodiversitätsfördernde Maßnahmen, die in den Betriebsablauf der Landwirte integriert sind, erzielen schnell positive Effekte. Ziel muss es sein, produktive landwirtschaftliche Flächen zu erhalten und gleichzeitig die weniger produktiven Flächen als zusätzliche Lebensräume zur Förderung der Artenvielfalt zu nutzen.
Dr. Harald Schwager, Mitglied des BASF-Vorstandes, betonte: „Ein Landwirt muss, wenn er langfristig erfolgreich wirtschaften will, gleichzeitig Ökonom und Ökologe sein. Dies in Einklang zu bringen ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft und hierbei unterstützen wir als Industrie mit Innovationen im Pflanzenbau und in der Technik. Moderne Landwirtschaft und Umweltschutz sind kein Widerspruch“.
„Mit dieser Veranstaltung will der Expertendialog einen Beitrag leisten, um alle relevanten Akteure zusammenzubringen. Diese müssen jetzt handeln und ihre vorhandenen Spielräume nutzen, um die Artenvielfalt zu erhalten. Aber das allein wird nicht reichen. Vor allem die Politik ist gefordert, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen um diese Spielräume deutlich zu erweitern.“, betont Dr. Johannes Merck, Vorstand der Umweltstiftung Michael Otto.
Downloads
Programmübersicht zur Veranstaltung am 4. und 5. April 2017 in Berlin
HerunterladenErgebnisse des Workshops für Landwirte am 04.04.17 im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft, Berlin
HerunterladenDie Videodokumentation der Redebeiträge und der Podiumsdiskussion finden Sie auch direkt auf YouTube:
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Fotos © ExpertenDialog
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